Feldbogen: Messen heißt treffen!

Entfernungsmessung im Gelände

Das Schießen auf Feldbogenbewerben wird von vielen Schützen als entspannend, abwechslungsreich und interessant empfunden, schießt man dort doch in jeder Passe auf unterschiedliche Entfernungen, unterschiedliche Hangneigungen und in variablen Lichtverhältnissen. Gerade bei den unbekannten, zu schätzenden, Entfernungen ziehen die „alten Hasen“ den unerfahreneren Schützen jedoch davon, weil sie in der Lage sind, die Entfernungen genauer zu „schätzen“. In Wirklichkeit messen sie die Entfernung und sind so in der Lage, die entscheidenden Ringe für eine höhere Platzierung zu schießen. Das „Messen“ der Zielentfernung wird möglich, wenn man die Größe des Ziels weiß (bei Feldbogenwettbewerben gibt es nur vier verschiedene Auflagengrößen, bei 3D nur eingeschränkt machbar) und einige feste Maße an seinem persönlichen Bogen kennt.

Zusätzlich sind nur grundlegende Kopfrechenarbeiten erforderlich, die man sich sehr schnell antrainieren kann.

Man benötigt:

  • Kenntnis über die Zielgröße
  • Ein möglichst waagerecht aus dem Bogen herausstehendes Element mit einigen charakteristischen Marken, wie z.B. ein Button mit Feststellmuttern und Einstellknopf

Die Scheibengrößen sind im WA-Regelwerk festgelegt. Es gibt vier Varianten (20, 40, 60, 80 cm) für unterschiedliche Entfernungsbereiche.

Die einfachste Messmethode funktioniert so:

Man eicht zunächst sein Messgerät, also den Bogen mit z.B. dem Button als Messskala. Dazu stellt man sich 10 m von einer Scheibe mit 20er Spotauflage entfernt auf und richtet den Bogen in Schießhaltung auf die Scheibe aus. Dabei positioniert man das Mittelteil so, dass eine Seite der Zielauflage an der Bogenaußenseite oder an einem gut erkennbaren Punkt am Button anliegt und die kreisförmige Zielmarkierung sich über die Oberkante des Buttons erstreckt. Dort sucht man sich genau dort eine weitere möglichst charakteristische Marke, wo die Zielmarkierung hinter den Button „abtaucht“. Der Bereich am Button zwischen Bogenaußenseite bzw. erstem Merkpunkt und dem „Abtauchpunkt“ des äußeren Kreises der Zielmarkierung ist unser Maß, unsere Messstrecke. Wir sehen nun genau 10 Scheibenringe innerhalb der Messstrecke. Von außen ins Gold 5 Ringe und vom Gold nach außen 5 Ringe = 10.

Wenn wir näher an die Scheibe herangehen und die Messung wiederholen, wird man feststellen, dass die Messstrecke jetzt nicht mehr alle 10 Ringe umfasst, sondern weniger. Glücklicherweise ist die Winkelfunktion, die der Messmethode zugrunde liegt linear, sodass man sich großartige Verrenkungen ersparen kann. Da bei 10 m Abstand innerhalb der Messstrecke 10 Ringe sichtbar waren, entspricht ein Ring genau einem Meter Abstand.

Gehe ich nun näher heran und kann nur noch 7 Ringe in der Messstrecke zählen, befinde ich mich folgerichtig in 7 m Abstand.

Das Ganze funktioniert bei allen Scheibengrößen, ohne dass man sich neue Messstrecken ermitteln muss, denn die Funktion ist, wie gesagt linear und funktioniert auf allen Entfernungen, wenn ich die Zielgröße kenne.

Also: eine 40er Auflage auf 20 m passt genau so in die ermittelte Messstrecke hinein, wie eine 60er Auflage bei 30 m, eine 80er Auflage bei 40 m und eben die 20er bei 10 m. Dementsprechend ist die Messung gleich, nur dass für jede Auflagengröße ein einzelner Ring einer anderen Meterzahl entspricht.

Bei 10 m und 20er Auflage war das 1 m pro Ring. Bei 20 m und 40er Auflage sind es 2 m pro Ring, bei 60er sind es 3 m, bei 80er sind es 4 m.

Die Rechnung ist also simpel. Sehe ich in meiner Messstrecke eine 80er Auflage an und es passen genau 6 Ringe hinein, dann bin ich 6x4m entfernt, also 24 m. Bei 8 Ringen sind es also 8×4=32 m.

Eigentlich kann man die Scheiben untereinander auch nicht verwechseln, außer die 60er und die 80er sind sehr hinterlistig gestellt und das Auge wird stark getäuscht. Die 40er sind in Herdplattenanordung leicht identifizierbar, die Spots sowieso.

Sofern bei einer Messung die Grunddistanz überschritten wird, ist das Zielbild natürlich kleiner als die Messstrecke und mit Abzählen der Ringe ist es nicht getan. Wir müssen dann einfach abschätzen, wieviel Ringe noch in die sichtbare Lücke hinein passen könnten. Darin erlangt man aber schnell einige Übung und insbesondere Blankbogenschützen kommen nur bei der 80er Scheibe in die Verlegenheit, dass das geschehen könnte. Bei den 3 kleineren Auflagen ist jeweils die Referenzentfernung auch das Maximum im Feld bei unbekannten Entfernungen. Praktisch, nicht?

Zu erwähnen ist allerdings noch, dass natürlich nach Regelwerk diese Messungen nicht zulässig sind, obwohl es tatsächlich eigentlich alle tun, insbesondere die Cracks. Ein Kampfrichter wird also einen Schützen, der ohne aufgelegten Pfeil seinen Bogen aufs Ziel richtet und daran entlangpeilt, möglicherweise wegen unerlaubten Messens maßregeln. Sofern aber ein Pfeil aufliegt, kann kein Kampfrichter einen Schützen ermahnen, nur weil er nach einem ersten Ausziehen den Schuss wieder absetzt. Es empfiehlt sich also, vor dem ersten Schuss schon mal mit aufgelegtem Pfeil den Bogen zu einer kurzen „Gedenksekunde“ zu spannen, dann nochmal abzusetzen und die Visierung / Sehnenabgriff sicherheitshalber noch einmal zu überprüfen 🙂

Wem das alles zu windig ist, könnte die Prozedur auch mit einem Finger (Breite) versuchen.  Es gibt eine Regelinterpretation der WA aus dem Jahr 2011, die die Entfernungsmessung mit Körperteilen (Hand, Finger) ausdrücklich als akzeptabel einstuft. Es wird interessant sein, dieses Thema mit einem Kampfrichter während einer Meisterschaft an der Scheibe zu diskutieren.

Als Diskussionsgrundlage hier der Link: https://extranet.worldarchery.org/documents/index.php/Rules/Interpretations/English/2011-2013/Bk4_Art9.3.11_Bk5_Art11.10.3.6_Measuring_distance_in_Field_and_3D_rounds.pdf

Alle ins Gold!